Januar 2006
E-Mail zur Streichung des § 22 Abs. 5 SGB II
Betreff: § 22 Abs. 5 SGB II
Von: Arbeitskreis Wohnungsnot mail@ak-wohnungsnot.de
Datum: 05.01.2006
An: (Bundesministerium für Arbeit, sozialpolitische SprecherInnen der Parteien, Wohlfahrtsverbände, diverse ExpertInnen der Wohnungslosenhilfe etc.)
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Arbeitskreis Wohnungsnot aus Berlin hat sich im Februar 2005 mit einem offenen Brief an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gewandt und darin Stellung zu den aktuellen gesetzlichen Grundlagen für die Übernahme von Mietschulden (§ 22 Abs. 5 SGB II sowie § 34 SGB XII) genommen. Der Arbeitskreis Wohnungsnot hat sich dabei mit einer ausführlichen Begründung für die ersatzlose Streichung des § 22 Abs. 5 SGB II und für die alleinige Verortung der Übernahmemöglichkeit von Mietschulden im SGB XII ausgesprochen. Mittlerweile liegen weitere Stellungnahmen mit demselben Tenor, bspw. der GISS e. V. aus Bremen sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. vor, die wir ausdrücklich unterstützen.
Auf der anderen Seite existieren diverse Stellungnahmen mit anders lautenden Vorschlägen zu dieser Problematik. So hat bspw. der Deutsche Verein ganz aktuell gefordert, "§ 34 Abs. 1 SGB XII in seinem materiellen Gehalt in das SGB II zu übernehmen". Wie wir in unserem offenen Brief vom Februar diesen Jahres begründet haben, halten wir diese Variante für äußerst gefährlich, da nur im Bereich des SGB XII die professionellen HelferInnen arbeiten, die mit dem Umgang der häufig multipel deprivierten Klientel vertraut sind. Eine parallele Verortung der Rechtsnorm auch im SGB II würde die in den letzten Jahren mühsam aufgebauten kommunalen Fachstellen zur Wohnungssicherung und Wohnungsversorgung zerschlagen. Zudem würde ein wesentliches Instrument der kommunalen Wohnungsnotfallhilfe geschwächt, nämlich die Pflicht der Amtsgerichte, rechtsanhängige Räumungsklagen, die auf fristlosen Kündigungen wegen Mietschulden beruhen, dem zuständigen örtlichen Sozialhilfeträger mitzuteilen. Die Amtsgerichte haben bei Eingang der Räumungsklage i. d. R. keine Kenntnisse über die Einkommensverhältnisse der MietschuldnerInnen und können so die Mitteilungen nicht nach Zuständigkeiten sortieren. In der Praxis werden oft erst durch die Mitteilungen der Amtsgerichte wohnungserhaltende Maßnahmen durch den Sozialhilfeträger ausgelöst. Dies würde durch eine parallele Verortung der Rechtsnorm auch im SGB II aufgrund der dann zu erfolgenden Zuständigkeitsklärung erschwert oder wegen des Zeitdrucks, unter dem wohnungserhaltende Maßnahmen i. d. R. stehen, oft genug sogar unmöglich werden. Leid Tragende wären die von Wohnungsverlust bedrohten Menschen. Wir empfehlen daher weiterhin die ersatzlose Streichung des § 22 Abs. 5 SGB II. Unseren offenen Brief vom Februar 2005 haben wir dieser Mail noch einmal zur Kenntnis angehängt. Er kann außerdem von unserer Website
www.ak-wohnungsnot.de downgeloadet werden.
Mit freundlichen Grüßen
i. A.
Dr. Susanne Gerull / Arbeitskreis Wohnungsnot